LXX. Untergangsmesse 2015

Der Mann im Fahrstuhl, die zerkauten Nägel im Mundwinkel, zerbrach in ein kaleidoskopisches Elend von hektischen Flecken, als der Vorgesetzte zwischen dem 12. und 13. Stock mit einer Sig Sauer Mosquito im offenen Mund durch die Dachluke hineinfiel wie ein zähflüssiges Stück Lava in eine Bergspalte – und mit einem geschäftigen Lächeln auf den Lippen abdrückte.

 

Die Klimaanlagen waren ausgefallen. Im Sturzbach aus Schweiß und Pomade, der von den glühenden Köpfen der Konferenzteilnehmer fiel, zerfloss die Lautsprecheranlage in ein klirrendes Nichts.

 

„Willkommen auf der XXV. Untergangsmesse. Ihr Exitium ist unser Auftrag. Wir sind gekommen, damit sie gehen. Das Programm entnehmen Sie den Bildschirmen im Foyer. Wir müssen allerdings bekanntgeben, dass die Keynote des heutigen Tages ersatzlos gestrichen wurde. San Miquel de Es Pouet muss sich aufgrund einer Unpässlichkeit im hinteren Rachenraum entschuldigen lassen.“

 

Zwischen den Vorträgen tanzte das Ballett der Sekretärinnen im Dr.-No-Bikini auf den Beamern und Leinwänden koketten Charleston. Der Mann aus dem Fahrstuhl, die zerkauten Nägel in die Tastatur der Schreibmaschine vergraben, unterdrückte einen der Stimmung angemessenen Seufzer. Am Buffet ein Sorbet von Pfauenhirn, in den Rubingläsern der ethnomaieutische SPECTATOR, Jahrgang 1946. In den Vasen leuchtete die Hortensie. Die Wissenschaft lag trunken unter den Bänken und entsandte unbedarfte Assistenten zur Damenwahl. Zu später Stunde dann organisierten die Sekretärinnen im Dr. No-Bikini einen Aufstand, da die Unerfahrenheit der Assistenten mit einer Regelmäßigkeit aus dem Takt geriet, die auch den Orchesterleiter verzweifeln ließ.

 

Die Vorträge hingegen waren solide.

 

Der Vortrag von San Miquel de Es Pouet, der in einer Masse aus HIRN BLUT AUGE in den Fugen des Fahrstuhlgehäuses versickert ist, konnte nicht überliefert werden. Lediglich am Rande einer zerlaufenen Manuskriptseite, die sich am Gitter des Lüftungssystems verfangen hatte, war zu lesen:

 

„… und wir kommen nicht davon …“